Glossar
   

Synoptische Kurzanalyse für Deutschland

ausgegeben am Freitag, den 19.11.2004 um 16:30 Uhr MEZ

Benutzte Modelle: GME (R192F) Fr 00UTC, ECMF Fr 00UTC, GFS Fr 06UTC

Synoptischskalige Wellensituation: Langwellentrog Mitteleuropa

aktuelle Situation:

Die nordhemisphärische Zirkulation ist derzeit zahlreichen Störungen unterworfen, was anhand von vielen eingelagerten kurzwelligen Trögen und Keilen ersichtlich wird. Ursächlich hierfür ist die aktuelle Verteilung der Kältezentren mit drei Schwerpunkten über Nordeuropa, Nordsibirien und Nordamerika. Um eine eher ungestörte stationäre wintertypischen Zirkulation zu erhalten, sollten die beiden letzt genannten Kältezentren dominieren, was im klimatologische Mittel sich dann auch abbildet.
Wetterbestimmend für Mitteleuropa ist ein recht breiter Langwellentrog (von den Britischen Inseln bis Ostrußland), aber mit einer aktuell relativ kleinen Amplitude. So weist der Trog durch die leicht positive Neigung der Achse auf der Vorderseite eine recht zonale Strömung auf, während sich auf der Trogrückseite ein massiver Jetstreak ausbilden konnte. Dieser ist in der Analyse des Isotachenfeldes sehr gut erkennbar. Starke Baroklinität (großer Winkel zwischen Isohypsen und Isothermen) in Verbindung mit der Hebung (durch differentielle ZVA) auf der linken Seite des Diffluenzgebietes sorgt für anhaltende Zyklogenese über Mitteleuropa. Diese Hebung erfährt noch eine verstärkende Wirkung durch einen eingelagerten Kurzwellentrog, der auf den Vorticityadvektionskarten sehr gut zur Geltung kommt. So konnte eine frontale Welle entstehen und in der Nacht über Süddeutschland hinweg ziehen. Dabei wurde in Böen verbreitet Windstärke 10, in Höhenlagen auch die Orkanstärke 12, gemessen. Bereits auf den Analysen von 6 UTC ist die Weiterentwicklung der Welle zu einer eigenständigen Bodenzyklone mit Zentrum über dem Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien erkennbar. Zudem erscheint das Bodendruckfeld durch die An- und Überströmung der Alpen stark deformiert. Zugehörig zur frontalen Welle verläuft eine scharfe Luftmassengrenze quer über Mitteleuropa, die maritime Arktikluft (mA) von Luft der mittleren Breiten (xPs) trennt. In der maritimen Arktikluft kam es dabei in der vergangenen Nacht zu verbreitetem Schneefall in Deutschland. Über dem Nordostatlantik ist der Frontalzonencharakter noch stärker ausgeprägt, da hier durch WLA maritime Subtropikluft (mS) auf die maritime Arktikluft trifft. Der resulierende stark ausgeprägte isobare (quasihorizontale) Temperaturgradient induziert einen thermischen Wind, der als barokliner Antrieb für den Jetstreak gilt.

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 3)

Während der mitteleuropäische Langwellentrog in Folge anhaltender ZVA und DPSA und darauf resultierendem Geopotentialfall sich weiter amplifiziert, kann der eingelagerte barokline Kurzwellentrog sich mit seinem Hebungsfeld am Freitag (Tag 1) progressiv rasch nach Osten verlagern und dabei die Zyklogenese vorantreiben. Dabei zeigt GFS sowohl eine Verstärkung (Gradientverstärkung) als auch eine Vertiefung (Kerndruckfall). GME und ECMF simulieren lediglich eine leichte Verstärkung am Freitag (Tag 1).
Gleichzeitig gelangt nun ganz Mitteleuropa zunehmend in den Einfluß der maritimen Arktikluft. Ebenso sorgt die von Nordwesten her nachfolgende Höhenkaltluft für vertikale Labilisierung der Troposphäre, so dass die Bildung konvektiver Niederschläge forciert wird. Diese fallen in der maritimen Arktikluft vorrangig als Schnee aus. Am Samstag (Tag 2) zeigen nun alle Modelle eine Vertiefung und Verstärkung der Bodenzyklone, wobei die GFS (Kerndruck <968hPa) und GME (Kerndurck <970hPa) die intensivste Entwicklung zeigen. So ergibt sich die recht aussergewöhnliche Konstellation einer nahezu quasistationären Steuerungszyklone über dem nordosteuropäischen Festland. Die Zyklogenese ist dabei so stark, dass die zyklonale Wirbelstruktur sich ab Samtag (Tag 2) selbst in den Höhenkarten auszeichnet und bis ins Tropopausenniveau erkennbar ist.
Deutschland verbleibt am Samtag im Bereich der Höhenkaltluft.
Am Sonntag (Tag 3) kann der Langwellentrog seine Amplitude bis weit nach Südosteuropa ausweiten. Insgesamt wird dieser Langwellentrog durch die Amplifizierung allgemein etwas kurzwelliger, was eine langsame Ostwärtsverlagerung in Gang setzt. Somit wird ein Langwellenkeil für Deutschland wetterbestimmend, der eine Bodenantizyklone (Kerndruck >1030hPa) induziert. Gleichzeitig kann sich nun kurzzeitig wieder Luft der mittleren Breiten in Mitteleuropa durchsetzen.

Beschreibung des Mittelfristzeitraums (Tage 4 bis 7)

Ab Montag (Tag 4) entwickelt sich nach allen vorliegenden Modellen ein neuer Kurzwellentrog keilvorderseitig über dem Nordostatlantik. In seinem baroklinen Diffluenzgebiet und durch ZVA wird dabei eine Bodenzyklone über der Nordsee induziert, die zusammen mit dem Kurzwellentrog unter weiterer Vertiefung und Verstärkung bis nach Mitteleuropa am Dienstag (Tag 5) zieht. Nachfolgend kann sich dann ein neuer Langwellentrog über Osteuropa aufbauen.

© Sebastian Unger, Marcus Boljahn

back to top

copyright by www.diplomet.de
protu@met.fu-berlin.de

;
Logo-Design by rotbraun