Glossar
   

Synoptische Kurzanalyse für Deutschland

ausgegeben am Mittwoch, den 03.11.2004 um 17:30 Uhr MEZ

Benutzte Modelle: ECMF Di 12UTC, GME (R192F) Mi 00UTC, GFS Mi 06UTC

Synoptischskalige Wellensituation: Langwellenkeil Osteuropa

aktuelle Situation:

Die aktuelle harmonische Wellenanalyse der Nordhemisphäre zeigt hohe Varianzanteile der Wellen 7, 8 und 9. Dementsprechend ist der Anteil stationärer Wellen (in dieser Jahreszeit sind typischerweise Welle 4 bis 5 stationär) sehr gering, was anhand der allgemein recht gestörten nordhemisphärischen Zirkulation mit vielen Kurzwellentrögen und -keilen gut zu erkennen ist. Besonders starken Störungen ist die nordhemisphärische Zirkulation dabei zwischen Nordostamerika und der europäisch-asiatischen Grenze unterworfen, da sich die Frontalzone in diesem Bereich ausgehend von einem enormen Diffluenzgebiet vor Neufundland in einen starken Nord- und einen schwächeren Südast aufteilt ehe sich über dem Ural beide Äste diffluend wieder vereinigen.
Wetterbestimmend für Mitteleuropa ist ein Langwellenkeil, dessen leicht negativ geneigte Achse von Nordwestskandinavien über die zentrale Ostsee bis nach Polen reicht. Flankiert wird dieser Keil von zwei Langwellentröge über dem Nordostatlantik und Westrußland. Alle genannten Wellenregime weisen zwar synoptischskaligen Langwellencharakter auf, jedoch besitzt nur der Langwellenkeil eine ausgeprägte Amplitude. Die nicht so stark amplifizierten Langwellentröge weisen dagegen barokline Störungen in Form von eingelagerten Kurzwellentrögen und Cut-Offs auf. Die hochreichende Kaltluft und damit verbundene Konvektionsbewölkung der Cut-Off-Wirbel (über der Biskaya und südlich von Sizilien) ist auf dem aktuellen Satellitenbild von 12 UTC gut zu sehen. Genauso ist das zu einem Kurzwellentrog gehörende teilokkludierte spiralförmige Frontensystem über der Nordsee erkennbar.
Vorderseitig des nordostatlantischen Langwellentroges konnte mit der Südwestströmung sehr warme und feuchte Luft subtropischen Ursprungs (xS) mit pseudopotentiellen Temperaturwerten von über 40°C in 850 hPa großflächig nach Deutschland einfließen. Teilweise gelangte sogar kontinentale Tropikluft (cT) mit pseudopotentiellen Temperaturwerten von über 50°C in 850 hPa in den Süden Deutschlands. Lediglich der äußerste Nordwesten der Republik liegt noch nicht im Warmsektor. An der Luftmassengrenze, die aktuell nahezu strömungsparallele bis leicht rückläufige Tendenten aufweist, werden derzeit leichte Aufgleitniederschläge registriert. Die sehr stabile PGS kann durch Föhneffekte im Südosten der Republik (Alpenvorland, Erzgebirge) sehr gut durchmischt werden, wodurch bodennah die 20°C vielerorts übertroffen werden. Der stärkere Bodendruckgradient im Erzgebirge sorgte auf der Leeseite im Tagesverlauf für markante Föhnböen bis Stärke 7 und ein Aufreißen, der sonst so massiven Hochnebeldecke, wie im aktuellen Visible ersichtlich wird.

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 3)

Der Kurzwellentrog zieht an Tag 1 (Mittwoch) unter Abschwächung mit der Höhenströmung weiter nach Norden. Damit einhergend ist eine nach oben hin abnehmende Kaltadvektion in allen Schichten, die nach der Geopotentialtendenzgleichung für Geopotentialfall sorgt. Somit erfährt der osteuropäische Langwellenkeil eine leichte Abschwächung. Die Luftmassengrenze als wellende Frontalzone verbleibt an Tag 1 nahezu in ihrer aktuellen Position über Westdeutschland und sorgt dadurch weiterhin für Aufgleitniederschläge.
Zugleich kann der nordostatlantische Langwellentrog zunehmend kurzwelliger werden, da durch massive PSA über dem Nordatlantik ein neuer Keil aufgebaut wird. Bereits am Folgetag (Donnerstag) kann sich der einstige Langwellentrog somit recht rasch progressiv verlagern. Diese östliche Verlagerungstendenz ist auch sehr gut anhand der stetig größer werdenden Amplitude des zugehörigen thermischen Troges erkennbar, denn nach der ROSSBY´schen Wellentheorie erfahren solche Wellen einen progressiven Antrieb. Somit kann sich der Trog mit seinem Vorticityzentrum schnell ostwärts verlagern und an Tag 3 (Freitag) mit seiner Achse bereits Westdeutschland erreichen. Damit einhergend setzt an Tag 2 in Deutschland von Westen her eine massive KLA in allen Schichten ein. Luftmassen polaren Ursprungs (mP) können daher einfließen. Allerdings unterscheiden sich die Modelle bereits in diesem Zeitraum recht erheblich. Während GFS den Trogdurchgang sehr schnell berechnet und die Achse bereits zum Mittag von Tag 3 über Zentraldeutschland berechnet, lässt ECMF die Trogachse erst gegen Ende von Tag 3 Westdeutschland erreichen. Das neue GME-Modell zeigt eine Mittelvariante.
Auf der Vorderseite des Troges zeigen alle Modelle große Werte an ZVA und trotz gleichzeitiger KLA auch recht intensive Vertikalbewegungen, so dass mit teils größeren Niederschlägen beim Durchzug der Front berechnet werden.

Beschreibung des Mittelfristzeitraums (Tage 4 bis 7)

Der Trog wird in der Folgezeit unter stetiger Abschwächung weiter nach Osten ziehen, jedoch wird seine Position je nach Modell an Tag 4 (Samstag) weiterhin unterschiedlich beurteilt. Rückseitig gelangt Deutschland nun auf die Vorderseite des mittlerweile mächtigen atlantischen Langwellenkeils. Bodennah kann sich infolge der großen AVA antizyklonaler Einfluss durchsetzen, so dass alle Modelle Deutschland in eine Nordströmung kommen lassen. ECMW und GFS lassen mit dieser am Sonntag (Tag 5) sogar eine maritime Arktikluft nach ganz Norddeutschland (mA) einfließen, während GME Deutschland allgemein in einer maritimen Polarluft (mP) belässt.
Je nach Modell sollen ab Tag 5 auch weitere in die stramme Nordwestströmung eingelagerte Kurzwellentröge Deutschland überqueren. Zwar werden diese Kurzwellentröge unterschiedlich in Eintreffen und Intensität beurteilt, jedoch belassen alle benutzten Modelle Mitteleuropa bis Tag 7 in einer nordwestlichen Höhenströmung.

Marcus Boljahn, Sebastian Unger

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