Synoptische Kurzanalyse für Deutschland

ausgegeben am Mittwoch, den 13.10.2004 um 21:30 Uhr

Großwetterlage: Langwellenhochkeil Ost- & Mitteleuropa, Langwellentrog Westeuropa

aktuelle Situation: Eine Analyse der Nordhemisphäre ergibt eine statitionäre bis leicht progressive Wellensituation mit den dominirenden Wellenzahlen 5 bis 7. Dabei erstreckt sich über Mittel- und Osteuropa derzeit ein gut ausgeprägter Langwellenhochkeil. Flankiert wird dieser Keil von einem Langwellentrog mit Achse über Westrußland und einem weiteren wetteraktiven Langwellentrog mit Achse über den Britischen Inseln. Auf seiner Vorderseite ist ein Kurzwellentrog eingelagert, dessen zugehörige, bereits okkludierte Bodenzyklone (ex-JEANNE) auf den Satellitenbildern nicht mehr gut zu erkennen ist. Auf den Feldern der pseudopotentiellen Temperatur und relativen Feuchte (700 hPa) ist die nicht mehr wetteraktive Warmfrontokklusion anhand des markanten Gradienten noch gut auszumachen. Besonders Norddeutschland kommt noch in den äußersten Einflussbereich der Okklusion, die sich von Schottland aus über der Nordsee erstreckt. Im Gegensatz dazu ist die zum eigentlichen Langwellentrogzentrum gehörende Bodenzyklone VERENA mit Zentrum über Irland (Kerndruck < 994 hPa) durch ihre zurück gebogene Okklusion sehr gut auf dem Satellitenbild zu analysieren, während die frontalen Gradienten (insbesondere im eigentlich gradientverstärkenden ThetaE-Feld) nur schwer zu erkennen sind.
Keilvorderseitig konnte sich durch anhaltende (differentielle) AVA und dem damit verbundenen Absinken in den letzten Tagen eine mächtige Bodenantizyklone über Osteuropa ausbreiten, welche derzeit über weite Gebiete zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee einen maximalen Luftdruck von über 1040 hPa aufweist. Mit dem aus diesem Hochdruckgebiet QUINZY ausströmenden Südostwind konnte bodennah über Deutschland von Osten her rasch kühle kontinentale Polarluft (cP) einfließen. Beschleunigt wurde diese KLA durch den großen Bodendruckgradienten, dessen antizyklonale Krümmung eine zusätzlich supergeostrophische Komponente hervorbrachte. So wurden z. B. in Berlin Windböen bis Beaufort 7 gemessen. Die hohen Windgeschwindigkeiten reichen zwar aus um die Grenzschicht bis ca. 700m turbulent zu durchmischen, jedoch liegt darüber eine mächtige Absinkinversion, die vertikalen Austausch und damit auch Wolkenbildung im tiefen und mittelhohen Niveau nahezu unterbindet.

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 3)

Am Mittwoch (Tag 1) verlagert sich der Kurzwellentrog unter Abschwächung stromabwärts in Richtung Skandinavien, wobei vor allem seine nördliche Zugbahn (aufgrund des Erhaltungssatzes des potentiellen Vorticity) die ursprünglich recht hohen Werte an relativer Vorticity rasch verringert. Ein weiterer Antrieb existiert auch nicht, so dass sich die zugehörige Warmfrontokklusion weiter abschwächen wird. Mächtige WLA in der Höhe über dem Nordwestatlantik (vor der Küste Neufundlands) intensiviert zudem den Jetstream, der ab Tag 2 (Donnerstag) mit der Höhe abnehmende Kaltadvektion auf der Rückseite des Westeuropäischen Langwellentroges induziert. Dadurch kann sich der Langwellentrog leicht vertiefen, aber vor allem amplifizieren (die 5°C Isotheme in 850 hPa und die -20°C Isotherme in 500 hPa erreichen Zentralspanien). Zudem spaltet sich ein nördlicher Ast aus dem Delta der Frontalzone über dem Nordwestatlantik ab. Dieser leitet ab Freitag (Tag 3) einen mächtigen Cut-Off-Prozeß ein. Während mit dem angesprochenen polaren Ast der Frontalzone ein Kurzwellentrog über Grönland Richtung Nordmeer zieht, und durch intensive zyklonale DVA eine mächtige Zyklogenese in Gang gesetzt wird, spaltet sich zwischen Island und den Britischen Inseln ein mächtiger Höhenwirbel ab.

Beschreibung des Mittelfristzeitraums (Tage 4 bis 7)

An Tag 4 (Samstag) greift der Höhenwirbel mit seinen auf der Vorderseite eingelagerten räumlich kleinen, aber oftmals intensiven Vorticityzentren auf das mitteleuropäische Festland über. Somit kann massiv maritime Polarluft in allen Schichten einfließen. Bis Tag 6 simulieren die benutzten Modelle eine ähnliche Strömungskonstellation; eine beginnende Austrogung über dem Nordatlantik mit einem anschließenden erneuten Cut-Off. Allerdings lässt ECMF diesen neuen Höhenwirbel über dem Nordatlantik liegen, während das R192F des deutschen Wetterdienstes und das amerikanische GFS den neuen Cut-Off weiter östlich berechnen.

Benutze Modelle: ECMF 12UTC, GME (R192F) 12UTC, GFS 12UTC, UKMO 12UTC

Marcus Boljahn, Sebastian Unger

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