Synoptische Übersicht für Deutschland

ausgegeben am Freitag, den 24.01.2003 um 14:00 Uhr

Großwetterlage: Langwellenkeil westliches Mitteleuropa

aktuelle Situation: Die nordhemisphärische Zirkulation weist weiterhin einen mächtigen Langwellentrog auf, der sich von Westkanada bis zum Nordostatlantik erstreckt und dessen Amplitude bis nach Florida reicht. Demenstsprechend weisen nach der harmonischen Analyse auch die Wellenzahlen 1 und 2 mit über 53% den höchsten Anteil auf.

Auf der Vorderseite dieses Langwellentroges konnte sich infolge intensiver Schichtdickenadvektion über dem westlichen Mitteleuropa ein Langwellenkeil mit entsprechender Bodenantizyklone GABI entwickeln. Die folglich positiv gerichtete Keilachse verläuft derzeit von Südskandinavien bis zu den Azoren. Deutschland befindet sich daher auf der Vorderseite dieses Keils, wobei der in der Höhe (zyklostrophisch-geostrophische) Nordostwind durch Reibung am Boden auf der Vorderseite des Bodenhochs hauptsächlich als (antitriptischer) Nordwestwind auftritt. Somit gelangt bodenah feuchtgesättigte erwärmte subpolare Luft maritimen Ursprungs (mPs) vor allem in den Norden und Osten Deutschlands. An den Luvseiten der Mittelgebirge in Zentral- und Süddeutschlands treten daher zur Zeit auf Grund der Staulage verbreitet Niederschläge auf, die ab ca. 500m in Schnee übergehen. Der Westen und Nordwesten Deutschlands befindet sich in der Höhe dagegen schon im Absinkbereich des Keils.

Massive zyklonale Vorticitiyadvektion und die gleichzeitige Freisetzung latenter Wärme durch den warmen Golfstrom wirken vor der Ostküste der USA auch weiterhin stark zyklogenetisch. Dort hat sich innerhalb von 24h eine mächtige Bodenzyklone (Kerndruck <960hPa) ausgebildet, deren weitere Entwicklung und Zugbahn das Wettergeschehen in den nächsten Tagen nachhaltig beeinflussen wird.

 

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 2)

Zyklonale Vorticityadvektion auf der Vorderseite des derzeit über dem Nordatlantik befindlichen Kurzwellentrogs verstärkt nach allen Modellen die zugehörige Bodenzyklone. Seine rasche progressive Ostverlagerung sorgt zwar dafür, dass auch der Langwellenkeil seinen Einfluss auf Ostdeutschland erweitern kann, jedoch schwächt sich dabei sein Absinkbereich sukszessive ab. Die Verlagerungsgeschwindigkeit und die Intensität dieses Kurzwellentrogs wird dabei von den Modellen schon unterschiedlich beurteilt. Während nach GFS und ECMWF die Trogachse den Nordwesten Deutschlands bereits am Abend von Tag 1 erreicht und am Morgen von Tag 2 komplett überquert hat, berechnet das GME-Modell diese Entwicklung aus heutiger Sicht um zwölf Stunden verzögert. Einigkeit zeigen die Modelle dagegen bei der Zugbahn, wonach vor allem der Norden der Republik von dem zugehörigen Frontensystem erfasst wird und postfrontal die etwas kühlere maritime Polarluft (mP) advehiert wird.

Die in der aktuellen Situation bereits vor der Ostküste Nordamerikas als Schnellläufer analysierte Bodenzyklone verbindet sich an Tag 2 nach GFS und ECMWF über dem Nordatlantik mit der Zyklone des eben erwähnten Kurzwellentroges zu einer großräumigen Steuerungszyklone mit Kern über Island.

 

Disskusion der Mittelfristentwicklung (Tage 3 bis 7)

 

Die im Kurzfristzeitraum erwähnte Verbindung der beiden Zyklonen zu einer großräumigen Steuerungszyklone berechnet das GME-Modell in etwas abgeschwächter Form erst an Tag 3. Eine großräumige barokline Zone auf der Vorderseite des zur Steuerungszyklone gehörenden Troges dient als dynamischer Antrieb für eine weitere Intensivierung des Tiefs bis zur Sturmstärke. Diese mittelfristige Entwicklung beurteilen alle Modelle dann qualitativ gleich, wenn auch zeitlich versetzt und von unterschiedlicher Intensitätsstufe. In der Nacht von Tag 4 auf Tag 5 sollen in Deutschland der größte Druckgradient am Boden und damit die höchsten Windgeschwindigkeiten zu beobachten sein.

Marcus Boljahn

die nächste synoptische Übersicht erscheint voraussichtlich am 31.1.2003

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